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Od

Teil 2 (Biographien)

© copyright Alfred Ballabene, Wien




Dr.med Franz Anton Mesmer (1734-1815)

Mesmers Zeit in Wien

Vom Augenblick an, da Mesmer zum erstenmal seine Ansichten über den Magnetismus verkündete, reißt ihn die neue Lehre mit. Er baut sie immer weiter aus, ist ihr glühender und unerbittlicher Vorkämpfer und opfert ihr sein ganzes Dasein. Diese eine Idee beseelt ihn. Aber wenn er auch Theoretiker, und seine Lehre zum großen Teil spekulativ ist, bleibt er dennoch bis zu einem gewissen Grade induktiver Wissenschaftler : Er hat bestimmte Erfahrungstatsachen festgestellt und sucht sie zureichend zu erklären, dies gestehen ihm sogar seine Gegner zu, deren es bald genug gab.

Man möge nicht glauben, daß Mesmer in Ruhe seine Studien betreiben konnte und die Öffentlichkeit, vor allem die wissenschaftliche, seine Ergebnisse mit Begeisterung aufnahm. Das Gegenteil war eher der Fall, und die Angriffe auf ihn machten sein Leben bis zu seinem Tod zu einem Leidensweg.

Trotz dem Mißtrauen der medizinischen Fakultät Wien strömten die Patienten zum Magnetiseur. Bald aber nahmen die feindlich gesinnten Ärzte eine von Mesmers Behandlungen zum Vorwand, um gegen ihn vorzugehen. Jedermann in der damaligen Wiener Gesellschaft kannte die berühmte Sängerin und Pianistin Maria Theresia Paradis. Dieses Mädchen, das in Alter von dreieinhalb Jahren plötzlich erblindet war, war das Patenkind der Kaiserin Maria Theresia und erhielt von ihr eine Rente. Mesmer unternahm es, Paradis das Augenlicht wiederzugeben, wie er behauptete mit Erfolg. Einflußreiche Mitglieder der Fakultät überzeugten aber die Eltern Paradis von dem illusorischen Charakter der Heilung und von der Unwahrscheinlichkeit, daß ihre Tochter jemals sehen würde. Zudem fürchtete der Vater wahrscheinlich, im Falle der Heilung die Rente zu verlieren, die der jungen Blinden von der Kaiserin zuteil wurde. Man entzog daher die Kranke den Händen des Magnetiseurs. Dieses Ereignis brachte in der österreichischen Hauptstadt die Gemüter derart in Wallung, daß die Kaiserin selbst, im Jahre 1777, eine Kommission beauftragte, den Fall zu untersuchen. Auf Grund dieses Berichtes wurde Mesmer nahegelegt, auf den ,Betrug' mit dem tierischen Magnetismus zu verzichten, seine Methode wurde als Suggestions-Therapie dargestellt.

Seit dieser unglücklichen Erfahrung mit der Medizinischen Fakultät suchte Mesmer bis zu seinem Lebensende noch eifriger als bisher, aber vergeblich bei den offiziellen Körperschaften Anerkennung zu finden.

Von dem Fall Paradis erschüttert, verließ Mesmer Wien, immerhin versehen mit einem Empfehlungsschreiben des Ministers des Auswärtigen an die österreichische Gesandtschaft in Paris.

Mesmers Pariser Zeit und seine Altersjahre

Der Boden der französischen Hauptstadt war für die Aufnahme der Lehre vom tierischen Magnetismus günstig. Die Kunde vom Erfolg des Mesmerismus hatte sich dort schon verbreitet; die Gunst des Kurfürsten von Bayern sprach für den Meister, und sein Mißgeschick in Wien schien unverdient zu sein.

Er lebte sehr bescheiden. Die Ärzte traten mit ihm in Verbindung, und er sah bald ein, wie schwierig es war, Verständnis und Zustimmung für seine neuen Ideen zu finden. Kranke wurden ihm geschickt, er begann zu magnetisieren und verfehlte nicht zu betonen, daß seine mit Erfolg behandelten Fälle von der Fakultät für hoffnungslos angesehen wurden, was ihm deren Feindschaft eintrug.

Mesmers Erfolge lockten viele Leute in das Haus an der Place Vendome. Abgesehen von seinen Krankenbesuchen, pflegte Mesmer einige zeit in einer Art Spital in Creteil. Seine Anhänger wurden immer zahlreicher, das Geld floß ihm zu.

Während all dieser Zeit suchte Mesmer, der gewiß nicht nach materiellem Gewinn verlangt und sich nicht mit seinen therapeutischen Erfolgen zufrieden gab (hierin unterscheidet er sich vom Scharlatan), die Anerkennung der offiziellen wissenschaftlichen Kreise. Diese waren wie anderswo konservativ, vom Gefühl ihrer Wichtigkeit erfüllt, dazu noch prozeßsüchtig. Ganz besonders hegte die medizinische Fakultät von Paris eine ausgesprochene Feindschaft gegen jede Erneuerung.

Die Thesen von Mesmer wurden von der medizinischen Fakultät der Universität Paris in aller Form verworfen. Als auch die Regierung zwar seinen Bedingungen entgegenkam, aber sie nicht voll erfüllte, verließ er zur Bestürzung seiner Patienten kurzfristig Paris.

Wieder zurückgekehrt erhielt er zwar eine Spende seiner Anhänger zur Veröffentlichung seiner Entdeckungen, mußte sich aber dann einer Untersuchung durch drei Kommissionen des französischen Throns unterziehen, die ungefähr zu den gleichen Schlüssen kamen: Man stellte das Fehlen eines Fluidums fest, Berührungen, Einbildung und Nachahmung sind die Ursachen dieses neuen ,Agens', das unter dem Namen ,Tierischer Magnetismus' bekannt ist. Dies traf Mesmer schwer.

Von diesem Zeitpunkt an verblaßte sein Stern, nachdem er in stärkstem Glanz erstrahlt war. Die Gunst des Publikums. deren er sich bis dahin erfreut hatte, verließ ihn, ebenso wie die Unterstützung der Aristokratie wegfiel.

Im Verlauf des Jahres 1785, nach anderen Quellen erst nach dem Ausbruch der Revolution verließ Mesmer Frankreich. Er begab sich vorerst nach England, hierauf nach Italien und Deutschland, tauchte aber vorübergehend auch wieder in Paris und Versailles auf. Während der französischen Revolution trug er sich eine zeitlang mit dem Gedanken, sich in Wien niederzulassen; allein er mußte dieser Stadt bald den Rücken kehren, da man ihn als Jakobiner verschrien hatte. Schließlich zog er sich nach Frauen- Feld in der Schweiz zurück, wo er den Bedürftigen half und sich mit der Veröffentlichung seiner Lehre beschäftigte.

Gegen Ende seines Lebens konnte Mesmer zu seiner Befriedigung noch sehen, wie seine Lehre in Deutschland Interesse hervorzurufen begann. Karl Christian Wolfart, der ihn in Konstanz besuchte, beschreibt ihn als liebenswürdigen Mann von klarem, lebhaftem Geiste. Wolfart war es, dem Mesmer die Ausgabe seines Werkes ,Mesmerismus oder System der Wechselwirkungen' anvertraute, das 1814 zu erscheinen begann.

Im Verlaufe des Sommers 1814 siedelte Mesmer nach Riedetsweiler und dann nach Meersburg über.

Die französische Revolution hatte ihn um den größten Teil seines Vermögens gebracht. Er empfing immerhin als Staatsgläubiger noch 3000 Fr. jährlich von der französischen Regierung, was ihm ein sorgenfreies Leben erlaubte.

Seine letzten Monate brachte er mit der Behandlung Kranker zu und außerdem damit, Vögel zu zähmen, wozu er nach Kerner eine besondere Gabe besaß, vermutlich dank seiner magnetischen Kraft.

Am 26. Februar 1815 fühlte er sich schlecht und starb kurz darauf an einem Schlaganfall.


Karl Freiherr von Reichenbach (1788-1869)

(Aus P. Uccusic: "Psi-Resumee", S.154-156)

"Nur wenige Minuten oberhalb der letzten Weinberge Grinzings, deren goldgelber Saft sommers wie winters Gäste aus nah und fern nach Wien lockt, stand noch vor wenigen Jahren ein Schloß. Der Platz ist heute leer, nur ein paar Meter von der ehemaligen Cobenzl-Bar und der belebten Höhenstraße entfernt.

In dem einstmals prächtigen Schloß, umgeben von blühenden Wiesen, rauschenden Wäldern und einer immer gut versorgten Meierei, lebte Freiherr Karl von Reichenbach. Er war Chemiker und Naturforscher, und mit einigen Erfindungen auf dem Gebiet der Farbstoffe hatte er sein Vermögen vermehrt.

Wodurch er freilich in die Geschichte einging, war weder auf 'sein' Kreosot noch Paraffin, noch Kerosin zurückzuführen, sondern auf eine mysteriöse, von manchen Menschen im Finsteren wahrgenommene Lichterscheinung, die an Menschen (insbesondere an den Händen und am Kopf), aber auch an Magneten und Kristallen auftrat. Reichenbach nannte das Phänomen 'Od', ganz einfach, weil er ein kurzes Wort mit einem Vokal haben wollte; er hatte gegen lange Worte wie 'Elektrizität' oder 'Magnetismus' immer eine Abscheu gehabt.

Reichenbacn war einer von jenen, die, wenn sie etwas entdeckt hatten, nicht locker ließen. Mehr als zwanzig Jahre lang experimentierte er mit vielhundert Menschen, die imstande waren, das Licht zu sehen. Die Sehenden nannte er 'Sensitive' und noch heute benennt die psychische Forschung Menschen, die zu paranormalen Wahrnehmungen befähigt sind, mit diesem von Reichenbach geprägten Wort.

Der Freiherr aber fand nicht nur Od, die Odkraft, die Odische Lohe, den Odrauch, die Odgluth, die Qdfunken, sondern auch, daß die Odkraft polarisiert ist links-rechts, oben-unten, Sonne-Mond, Erdoberfläche-Erdinneres. Vielleicht ist das die tiefenpsychologische Ursache dafür, daß aus einer ursprünglich rein naturwissenschaftlichen Untersuchung eine 'Lehre' wurde - mit fanatischen Anhängern und ebenso fanatischen Gegnern.

Die Lage ist grotesk und bedauerlich, denn ihre zweite Wurzel ist Uninformiertheit. Reichenbachs Schriften sind selbstverständlich längst vergriffen, Gregorys klassische Übersetzungen ins Englische wurden soeben neu aufgelegt; aber sonst gibt es rein nichts. In der ;Wiener Nationalbibliothek finden sich immerhin zehn Werke mit vielen tausend Seiten, und dieser Umfang des Reichenbachschen Werkes ist wohl der dritte Grund, warum soviel Unsinn über Reichenbach geredet wird, sowohl von Gegnern als auch von Anhängern, weil dieses Schrifttum nämlich selten jemand gelesen hat.

Ein weiterer Grund, warum Reichenbach schon zu Lebzeiten heftig bekämpft wurde, lag an der Tatsache, daß die meisten Hochgelehrten seine Ergebnisse nicnt reproduzieren konnten. Nur Berzelius interessierte sich für die Angelegenheit; Reichenbach reiste eigens zu ihm nach Karlsbad und nahm ein paar Chemikalien mit. Sensitive mußten sich Reichenbachs Anschauungen zufolge überall finden, und in Karlsbad hatte er denn auch leicht Personen ausgemacht, mit denen er an seinen Chemikalien gemachte Beobachtungen Berzelius vorführte. Der große alte Mann der Chemie war erstaunt und erschüttert; er bestärkte Reichenbach, seine Untersuchungen fortzuführen. Man verabredete weitere Treffen, zu denen es aber nicht mehr kam: Berzelius starb vorher.

Wäre die Odforschung, die gesamte Physik, einen anderen Weg gegangen, hätte Berzelius länger gelebt? Es ist müßig, darüber zu spekulieren. Tatsache jedenfalls ist, daß Reichenbachs Gegner nicht mit Verunglimpfungen und Ver- leumdungen sparten: mit Fräulein triebe er allerlei Ungereimtes in finsteren Kammern, schliche des Nachts - wer weiß, zu welchen Zwecken! - auf Friedhöfen umher, immer in Begleitung von Damen! (Dort ließ er die Sensitiven Leuchterscheinungen über den Gräbern beobachten); er könne das Gesinde nicht führen, mache Experimente, die die Moral der Dienerschaft untergrüben. Tröstlich zu wissen, daß Engstirnigkeit, Neid und Dummheit epocheninvariant sind.

Demgemäß bitterer sind Reichenbachs Schriften der letzten Jahre. Er wiederholt Experimente zum hundertsten Mal, legt Protokolle vor - man glaubt ihm nicht, man verlacht ihn. Immerhin wird ihm noch die Genugtuung zuteil, sechs Vorträge an der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien halten zu dürfen (Mai bis Juli 1865), sie erscheinen schließlich gesammelt in einem Bändchen und sind eine gute Übersicht über sein Lebenswerk. Letztlich wird er in den Okkult-Hades verstoßen.

Das ist die eigentliche Tragik an Reichenbach : daß er, der zeitlebens bemüht war, Aberglauben, Scharlatanerie und Legenden zu zerstören und deren wissenschaftlich faßbaren Kern herauszuschälen; daß er, der sich bemühte, die Natur zu entmystifizieren, daß just dieser Reichenbach post mortem in die Fänge der Okkultisten geriet."

(Aus P. Uccusic: "Psi-Resumee", S.154-156)

Literatur: teilweise nur noch in einigen wenigen Bibliotheken (in Wien und Berlin) vorhanden:

Karl Freiherr von Reichenbach (1788-1869):


Hector Durville

Literatur: